KULTURSCHUTZ IN SPANIENDas Auge des Staats
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Der Fall Botín demonstriert derzeit eindrucksvoll: Spanien schützt wertvolles Kulturgut mit starker Hand. Und es gibt noch mehr Beispiele.
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Fischer ziehen ihr Holzboot in der Abendsonne an Land. Schwerstarbeit, in die fröhlichen Farben des Mittelmeers getaucht. Joaquín Sorollas Ölgemälde „Feierabend“ aus dem Jahr 1900 befindet sich bis heute im Besitz der Erben des Künstlers in Madrid – und wird dort vermutlich auch bleiben. Denn der Staat hat ein Exportverbot verhängt und damit die Pläne der Familie, das Bild für fünf Millionen Euro im Ausland zu verkaufen, vereitelt. Es darf Spanien nicht verlassen. So entschied das Oberlandesgericht in Madrid und folgte damit dem Wunsch des Kulturministeriums.
Sollte die Familie einen Käufer in Spanien finden, muss sie den Verkauf und den Preis dem Kulturministerium melden. Staat und Regionalregierung haben dann zwei Monate Zeit, um zu entscheiden, ob sie von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen. Das Kulturministerium bestätigt jedoch auf Anfrage, dass derzeit kein Verkauf vorliege. Die Familie Lorente-Sorolla beklagt sich über den Wertverlust durch das Exportverbot: In Spanien wurden für vergleichbare Bilder bislang höchstens 1,5Millionen Euro bewilligt. In London erzielten Sorollas „Kinder am Strand“ mehr als das Doppelte davon; denn dieses Werk durfte aus Spanien ausgeführt werden. Noch im Jahr 2007 hatte auch „Feierabend“ die Erlaubnis bekommen, aber die Familie hatte damals keinen Gebrauch davon gemacht. Als sie von 2016 an erneut die Exporterlaubnis beantragte, wurde diese verweigert.
Eine Ausnahme ist die – vorübergehende – Ausfuhrgenehmigung, wie sie das letzte in Privatbesitz verbliebene Werk von Sandro Botticellis erhielt. Das „Porträt des Michael Tarchaniota Marullus, der Dichtersoldat“ gehört der spanischen Familie Cambó und ist seit 1988 geschützt. Anfang Oktober 2019 wurde es auf der Frieze Masters-Messe in London von einer britischen Galerie für dreißig Millionen Euro angeboten. Das Bildnis kehrte nach Ablauf der temporären Ausfuhr Mitte Oktober nach Spanien zurück, und es muss dort auch bleiben. Dem Vernehmen nach gibt es dennoch verschiedene Interessenten dafür.
Vorkaufsrecht bei Auktionen
Ein Vorkaufsrecht besitzt der Staat auch bei Auktionen. Es ist ein gefürchteter Moment, wenn der Hammer fällt und dann in der ersten Reihe der Beamte des Kulturministeriums diskret die Hand hebt: um ein Werk, das gerade von seinem vermeintlich neuen Besitzer ersteigert wurde, für der Allgemeinheit zu sichern. Der Staat muss die erzielte Summe bezahlen, hat dafür aber zwei Jahre Zeit, was weder den Verkäufer noch das Auktionshaus glücklich macht.
Seine Hand auf Privatbesitz legt der spanische Staat bei Kunstwerken, die älter als hundert Jahre sind, in Ausnahmefällen sind es nur fünfzig Jahre. Das Kulturministerium wird von dem Ausschuss, der für Einschätzung, Export und Wertfestlegung von historischem spanischen Kulturgut zuständig ist, informiert. Dieser Ausschuss studiert alle Auktionskataloge und registriert die Anträge und Verkaufsmeldungen von Privatleuten. Der Staat hat dabei einen großen Ermessensspielraum: Das „Gesetz zum historischen Kulturgut“ (LPHE) ist so allgemein gefasst, dass, nach Ansicht des Rechtsanwalts Rafael Mateu de Ros, der Staat beliebig entscheiden könne und weitgehende Freiheit genieße.
So erklärt sich, dass manche Werke exportiert werden können – andere nicht. Eine Idee, wie es laufen wird, können sich Besitzer eines Werks vorab nicht machen. Grundsätzlich nicht dauerhaft ausführen können sie Werke, die zum geschützten Kulturgut (BIC) erklärt wurden. Die Versuche, anschließend zu klagen, sind meistens vergeblich. Das führt auch dazu, dass Umwege benutzt werden. Ein in mehrfacher Hinsicht unfrommer Plan war der des Jesuitenordens in Toledo. Der Orden hat zwei Tafeln des flämischen Meisters Johannes aus dem Jahr 1510, „San Andrés“ und „Santiago“, aus dem Museum Santa Cruz, wo sie seit 1964 als Dauerleihgaben hingen, abgezogen und im Oktober 2015 nach Madrid zur Versteigerung gegeben. Das ist der Kirche per Gesetz verboten; auch sie darf historisches Kulturgut nicht einfach veräußern.
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